Rottweil, 25.05.2013. Es hätte sein Abschiedskonzert werden sollen – stattdessen lag Robert Kopf, langjähriger Dirigent und Gründer des Ensembles "Windphonics", beim großen Konzertabend nach einem Unfall im Krankenhaus. Seine jungen Musiker meisterten das Konzert dennoch mit Bravour.

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Wochenlang hatte sich das Ensemble gemeinsam mit Kopf auf das Konzert vorbereitet, dann kam die völlig überraschende Nachricht: Der Dirigent liegt nach einem Unfall im Krankenhaus und kann nicht da sein, um sich von seinen jungen Musikern zu verabschieden. Beim Konzertabend am Samstag in der Stadthalle sprangen daraufhin die Musikstudenten Tanja Maier, Gabor Fehervari und Hannes Schlaich als Dirigenten ein und meisterten ihre Aufgabe bestens. Fehervari begeisterte das überwältigte Publikum außerdem als Big-Band-Dirigent mit swingender Klarinette. Glenn Miller hätte es nicht besser machen können.

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Doch das Meisterwerk des Abends war nicht beschwingter Swing oder Brass, sondern Johann de Meijs Meisterwerk: Die Symphony No. 1 "The Lord of the Rings" - Herr der Ringe. Hier dirigierten Tanja Maier, Gabor Fehervari und Hannes Schlaich abwechselnd das junge sinfonische Blasorchester, in dem die engagiertesten Jungmusiker der Musikvereine und Blasorchester der Region Rottweil konzertieren. Viele haben über die Musikschule Rottweil ihren Weg in die Musik gefunden, und Musikschulleiterin Gabriele Hammen zeigte sich am Ende des Konzertabends dann auch stolz auf ihre jungen und älteren Zöglinge.

Mäuschenstill war es in der Stadthalle, als die jungen Musiker das Meisterwerk "Lord of the Rings" anstimmten. Fünf völlig unterschiedliche Sätze prägen die Komposition, erzählt wird die Geschichte der Suche nach dem Ring. "Gandalf" heißt der erste Satz, er ist nach dem Zauberer benannt, der den jungen Hobbits den Weg durch Mittelerde weist. Stärke, Zauberkraft und Edelmut will der erste Satz vermitteln, leise und eher laute Passagen wechseln sich ab, der Zuhörer ist fasziniert ob der klanglichen Vielseitigkeit der angedeuteten Themen. Die letzte Passage deutet den wilden Ritt Gandalfs auf seinem Pferd an. Leise, zarte Flöten entspinnen im zweiten Satz einen zarten Klangteppich, der Raum gewinnt, sich mutig entfaltet und den Elfenwald beschreibt. Flöten und Klarinetten sind im Vordergrund zu hören, spannungsgeladen endet der Satz mit expressiver Dramatik. Diese steigert sich zum rasanten Crescendo, mit der das monströse Wesen Gollum beschrieben wird. Dargestellt wird das scheue, versponnene Wesen durch das Sopransaxophon – am Ende kommen Hörner dazu. Das Thema deutet nicht zuletzt den Konflikt und Kampf um den Ring an. Dieser entspinnt sich dann geballt im vierten Satz, der mit "Reise in der Dunkelheit" betitelt ist. Pauken, tiefes Blech, rasante Tempi und ein Orchester, das im Fortissimo spielt kennzeichnen diesen äußerst dramatischen Satz – am Ende jedoch flacht das Tempo ab, dann ertönt ein Glockenspiel, zarte Pianoklänge beenden den leisen Schluss. Bravourös gelingt es den Musikern, das Kopfkino all derer anzuknipsen, die den Film, die Musik oder das Buch bereits kennen.

Im zweiten Teil verwöhnten die jungen Musiker das Publikum mit einem "Best of" der vergangenen Jahre, in denen das sinfonische Blasorchester unter Dirigent Robert Kopf arbeitete. Die 65 Musiker, die ihren Dirigenten am Konzertabend schmerzlich vermissten, entfachten mit "Martenizza" von Piet Swerts eine feurige Interpretation des Werkes, spanische Rhythmen brachten Schwung.

Höchste Konzentration war geboten bei der Komposition "Cloudburst" – in der Klangcollage singen die Musiker, schnipsen vereinzelt mit den Fingern und entlocken ihren Instrumenten ungewöhnliche Klänge. Komponiert von Eric Whitacre, stellt die Komposition höchste Ansprüche an die Interpreten.

"Molly on the shore" lebt von tänzerischen Rhythmen, die Komposition "Out of Africa" der Komponisten John Barry und Johann de Meij vermittelt exotische und fremde Eindrücke, die man beim Zuhören des Stückes erleben kann. Man scheint die Wärme der Savanne, das Flimmern der Luft und die Kraft der Sonne regelrecht zu spüren. Schön geriet auch der festliche Marsch von Antonin Dvorak, und die Zugaben zeigten, dass der Big-Band-Sound den jungen Musikern auch gefällt.

Die Stücke entstammen sechs Konzertprogrammen – und zeigen die Wandlungsfähigkeit des Ensembles, das 2006 aus der Taufe gehoben wurde.

Die jungen Musiker werden übrigens bald Gäste aus China in der Stadthalle empfangen: am 23. Juli, 19 Uhr, wird das Blasorchester aus Guangzhou gemeinsam mit den Windphonics in der Rottweiler Stadthalle konzertieren.

(Pressebericht von Angela Baum, Schwarzwälder Bote, 26.05.2013)